Jedes Mal, wenn ich an Indianer denke, schwirrt mir unweigerlich eine Songpassage durch den Kopf: „Komm hol das Lasso raus, wir spielen Cowboy und Indianer!“ Diese bekannte Stelle aus dem Song von Olaf Henning kennt wohl so ziemlich jeder! Kaum ein anderes Thema aus den USA sorgt in Deutschland für so große Begeisterung wie die Cowboys und Indianer.
Ob ich nun jemandem mein „Indianer-Ehrenwort“ gebe oder einen Streit beilege indem ich „das Kriegsbeil begrabe“ – nicht nur in unseren Sprichwörtern sind immer wieder Anspielungen auf die Rothäute und Bleichgesichter. Ich glaube, jeder (egal wie alt) ist schon mal in der ein oder anderen Form mit Cowboys oder Indianern in Berührung gekommen. Seien es die Kinder, die begeistert sind, wenn sie an Fasching als Cowboys oder Indianer verkleidet durch die Straßen ziehen können, oder ich im Teenager-Alter, als der Film „Der Schuh des Manitu“ für einen riesigen Indianer-Hype sorgte. Und selbst die Generation meiner Eltern ist mit Indianern aufgewachsen – fast jeder Erwachsenen hat die Bücher von Karl May über den Indianer Winnetou gelesen.
Doch was hat das Ganz nun mit Karlsruhe zu tun?
Ganz einfach: da es in Karlsruhe zahlreiche Indianer-Spuren zu entdecken gibt, ist das die ideale Gelegenheit für mich, mich mit dem Thema mal intensiv auseinander zusetzen! Es gibt hier z.B. die Südstadtindianer, den Indianerbrunnen und sogar einen der ältesten Indianer-Clubs Deutschlands. Ich schnappe mir also mein Fahrrad und einen Reiseführer und begebe mich auf die Spuren der Südstadtindianer auf eigene Faust!
Auf den Spuren der Südstadt-Indianer
Wer sind denn nun diese Südstadt-Indianer? Pauschal gesagt, sind es alle Einwohner in der Karlsruher Südstadt, denn in Karlsruhe haben die Bewohner der einzelnen Stadtteile alle ihren eigenen Spitznamen. So gibt es in der Oststadt von Karlsruhe die Trapper, in Rintheim die Sandhasen oder in Grünwettersbach die Kiwwelscheisser. Seit über 100 Jahren werden die Südstädter nun schon als Indianer bezeichnet und haben somit einen der ältesten Stadtteilbeinamen.
Überall auf meiner Tour durch die Südstadt finde ich Hinweise auf Indianer. Das beginnt bereits an der Ecke Werderstraße/Wilhelmstraße, als mich der indianische Türschmuck eines Tattoo Studios fröhlich angrinst. Der offensichtlichste ist der Indianerbrunnen auf dem Werderplatz in der Südstadt. Der Brunnen ist ein beliebter Treffpunkt für einen bunten Mix der Kulturen und zeigt auf der einen Seite den Kopf eines Sioux-Indianers und auf der anderen den Kopf des Brunnenplaners, Friedrich Beisel, mit Indianerstirnband und Zeichendreieck. Auch wenn heute kein Südstädter dieses Wahrzeichen mehr missen möchte, so waren damals immerhin so viele Stadtteilbewohner dagegen, dass die Einweihung sich um 2 Jahre verzögerte. Die Enthüllung des Brunnens 1927 feierten die Südstadt-Indianer aber trotz aller Beschwerden im Vorfeld mit einem spontanen Volksfest. :)
Ein weiterer unübersehbarer Hinweis sind die drei Pfeile auf dem Tivoliplatz. Ursprünglich stand hier die Gaststätte Tivoli, die jedoch im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde. 2004 wurden hier dann die „Drei Pfeile für die Südstadt“ vom Durlacher Künstler Norbert Huwer errichtet. Für diese Skulptur hatte die Bürgergemeinschaft der Südstadt mehrere Jahre hart gekämpft, denn bereits 1989 war eine ähnliche Skulptur mit dem Namen „Liebespfeile für Nottingham“ bei der Skulpturenausstellung am Ettlinger Tor zu sehen. Diese wurden nach der Ausstellung jedoch verkauft.
Ihr seht also, dass die Südstädter sich durchaus sehr mit ihrem Beinamen identifizieren. Doch woher kommt dieser Beiname eigentlich? Denn die Südstädter werden sich nicht ohne Grund einfach so als Indianer bezeichnet haben. Ganz im Gegenteil, wie sich bei meinen Recherchen herausgestellt hat. Sie fanden diesen Beinamen als Beleidigung und wollten unter keinen Umständen so genannt werden.
Wie Buffalo Bill die Südstadt-Indianer schuf
Am 23. April 1891 war William Cody alias „Buffalo Bill“, der zu seiner Zeit wohl berühmteste Amerikaner, mit seiner Show „Buffalo Bills Wild West Show“ in Karlsruhe zu Gast. Mit einem Extrazug aus insgesamt 43 Wagen zog er mit seinem riesigen Aufgebot an Cowboys, Indianern, Büffeln und Pferden auf die Festwiese an der Durlacher Allee ein. Vier Tage war die Show zu Gast in der Stadt und die reinste Inszenierung von Postkutschenüberfällen, Indianerkämpfen und Büffeljagden. Die Karlsruher waren begeistert! Diese Begeisterung wurde (vor allem bei den Südstädtern) wiederbelebt als einige Jahre später ein Zirkus mit einer Gruppe Sioux-Indianern nach Karlsruhe kam. Von da an wurden die Bewohner der Südstadt „Indianer“ genannt.
Doch mit diesem Beinamen waren gerade die Arbeiter und Tagelöhner der Südstadt nicht einverstanden, denn in den USA galten Indianer als unzivilisierte Wilde. Heute haben die Südstadtindianer kein Problem mehr mit ihrem Beinamen :)
Wusstet Ihr, dass es sogar einen zweiten Indianerbrunnen in der Südstadt gibt? In der Nähe des Badischen Staatstheaters. Weil er den Streit um den Beinamen „Indianer“ nicht nachvollziehen konnte, ließ sich der Unternehmer Eugen von Steffelin einfach seinen eigen Indianerbrunnen in seinen Vorgarten bauen.
Jetzt seid ihr im Bilde, woher die Südstadtindianer ihren Beinamen haben :) Kennt ihr noch weitere Indianerspots in Karlsruhe? Oder gibt es in eurer Stadt auch solche Stadtteilbeinamen mit interessanten Geschichten?