Bauhaus in Karlsruhe - Eine Entdeckungstour

Los gehts

Natalie und Lucie

An einem frühen Donnerstagmorgen treffen wir uns in Rappenwört, um den Spuren des Bauhauses in Karlsruhe nachzugehen. Wir nehmen uns vor, alle sechs Karlsruher Gebäude, die aus der Zeit der ursprünglichen Bauhaus-Schaffensperiode stammen, zu erkunden.

Bei Bauhaus sprechen wir natürlich nicht vom Heimwerkerfachgeschäft, sondern von einer Kunstschule, die nur 14 Jahre bestand. Das Jahr 2019 ist ein besonderes für das Bauhaus, denn es feiert sein hundertjähriges Jubiläum. Fasziniert davon, dass Bauhaus in Karlsruhe in allen Ecken zu finden ist, wurde unsere Neugierde geweckt, weshalb wir uns die Bauten mal selber ansehen wollten.

Das Bauhaus war eine lebendige Ideenschule und ein Experimentierfeld auf den Gebieten der freien- und angewandten Kunst, der Gestaltung, der Architektur und der Pädagogik. Eine interdisziplinäre Innovationsschmiede!

Rheinstrandbad und Naturschutzzentrum

Unser erster Halt ist der Rheinpark in Rappenwört, in dem sich die ersten zwei Stationen befinden. Zunächst stehen wir vor dem Eingang des noch geschlossenen Rheinstrandbads. Der Eingang und die Hochbauten von Robert Amann fallen uns direkt ins Auge, als wir aus der Bahn aussteigen.  Leider ist die Gaststätte von einem Baugerüst umgeben, welches uns aber nicht gänzlich die Sicht versperrt. Die Gestaltung der Flachdächer, Fensterbänke und glatten Putzflächen, orientieren sich am Dammerstock, den wir später noch unter die Lupe nehmen werden. Die zweistöckige Gaststätte wird von zwei flachen Umkleidebauten umrahmt und ist mit einer großen Fensterfront ausgestattet. Leider hatte das Bad noch geschlossen, denn wir hätten uns das Gelände gerne noch angeschaut. Also führen wir unsere Besichtigungstour fort und machen uns auf in Richtung Naturschutzzentrum. Wir folgen dem ausgeschilderten Wanderweg durch den Wald, in welchem die Blätter der Bäume noch in Morgentau eingedeckt sind und durch die die ersten Sonnenstrahlen schimmern. Von weitem hören wir ein Grunzen durch das Grün. Wir gehen dem Geräusch nach und sehen ein Wildgehege mit Wildschweinen und ihren Frischlingen. Natürlich können wir nicht anders als uns kurz dort aufzuhalten und die Wildschweine beim buddeln und futtern zu beobachten. Für uns Stadtmenschen eine seltene Abwechslung. Nachdem wir uns von dem süßen Anblick losreißen können, peilen wir nun das Naturschutzzentrum an.

Nach ein paar hundert Metern durchs Grüne, tut sich eine Lichtung auf und wir stehen vor dem hellen Gebäude. Mit seiner klaren Form und einfachen Struktur, sticht das aus weißem Beton, Stahl und Glas bestehende Haus aus seiner naturbelassenen Umgebung markant hervor. Das Naturschutzzentrum besteht aus vier Bauteilen, welche unterschiedlich hoch sind, sodass das Gebäude aussieht, als wäre es aus verschiedenen Blöcken zusammengebaut. Ein Grund für diese blockartige Baukunst ist, dass die Räume verschiedene Funktionen haben, beispielsweise wird einer als Unterrichtsraum genutzt und ein anderer dient als Vogelhaus. Nach dem schönen Morgen in der Natur zieht es uns aber auch wieder in die Stadt.

Dammerstock

Unsere nächste Station ist das wohl bedeutendste Beispiel aus der Bauhauszeit, das in Karlsruhe sicher die meisten kennen. Der Dammerstock ist eine Mustersiedlung des sozialen Wohnungsbaus. Karlsruhe veranstaltete einen Wettbewerb, bei dem sich verschiedene Architekten bewerben konnten, um diese Wohnsiedlung zu entwerfen. Im Vordergrund des Entwurfes sollte nicht der künstlerische Aspekt stehen, sondern wie man am besten die soziale Wohnungsfrage mit einer neuen Wohnsiedlung beantworten kann. Nachdem wir aus der Straßenbahn aussteigen, sticht uns zunächst die „Gaststätte zum Dammerstock“ ins Auge, in der mittlerweile das Restaurant „Erasmus“ angesiedelt ist und zum Wohnkomplex Dammerstock gehört. In seiner weißen Farbe, blockartigen Konstruktion und den großen Fenstern, sehen wir stilistische Ähnlichkeiten zum Naturschutzzentrum. Am Restaurant vorbei gelaufen, entdecken wir auf den Flachdächern eine kaminähnliche Mauer, welche mit „Dammerstock“ beschriftet ist, somit sind wir uns sicher, dass wir hier richtig sind. Durch eine kleine Unterführung sehen wir die ersten Wohnungen der Siedlung. Die Gebäude sind mehrere Stockwerke hoch und haben pro Etage jeweils zwei Wohnungen. Wir gehen in eines der Gebäude rein und die Flure wirken auf uns beengend, die Treppen sind eher schmal geschnitten und das Farbspektrum beschränkte sich auch hier eher auf Grautöne und weiß, dennoch bieten die großen Fensterfronten reichlich Lichteinfall, so dass der schmale Raum größer wirkt - ein cleveres Konzept :) Die soziale Frage, so viele Menschen wie möglich unterzubringen, die nach dem 1. Weltkrieg unter akuter Wohnungsnot litten, wurde somit durch den Architekten Walter Gropius geschickt gelöst. Und wie wir herausfinden, sind die Wohnungen im Dammerstock bis heute noch sehr begehrt und vollständig bewohnt.

Alker Block

Wir stehen nun vor dem Alker Block und als wir durch die Eingangstore gehen, fällt uns direkt ein Unterschied zur Dammerstock Siedlung auf: Die Wohnungen sind in Form von Mehrfamilienhäusern um einen Innenhof erbaut. Die blockartige Konstruktion und die graue Farbpalette sind auch hier Hauptcharakter, jedoch bilden rote Treppengeländer Akzente. Durch die gestaffelten Blockfassaden konnte der Architekt Prof. Hermann Reinhard Alker eine gute Innenbeleuchtung ermöglichen. Uns fällt sogar auf, dass die Fenster fast nahtlos um die Ecke geführt werden, um die Wohnräume zu erhellen. Der gegebene Raum wurde auch hier möglichst effizient genutzt und für die Menschen entstand damals wohl ein gänzlich neues Wohngefühl, welches die Lebensqualität der ärmlicheren Gesellschaftsschicht deutlich anhob.

Matthäuskirche und Altes Hochschulstadion

Vom Alker Block laufen wir weiter zur Matthäuskirche. Auch diese wurde von Hermann Reinhard Alker, und zusätzlich noch Hermann Zelt, entworfen. Den Bauhausstil erkennen wir sofort. Die Kirche ist sehr minimalistisch und praktisch gestaltet und setzt sich deutlich von den pompösen Kirchenbauten früherer Jahrhunderte ab. Wie bei den anderen Gebäuden auch, sieht es aus, als wären Blöcke aneinandergeklebt worden. Wir versuchen in die Matthäuskirche hineinzugehen, jedoch sind die Türen geschlossen, sodass wir sie nur von außen betrachten können.

Der nächste und somit letzte Stopp ist das Hochschulstadion - ein architektonischer Blickfang! Hier gesellt sich zu den geraden Formen nun auch etwas Farbe, denn die Fassade besteht mitunter aus Rotklinker. Die Begeisterung für Sport war in den 1920er Jahren bei der jungen Generation in aller Munde und somit hat die Technische Hochschule Fridericiana (heute KIT) einen internen architektonischen Wettbewerb ausgeschrieben, den Hermann Reinhard Alker gewann. Daraufhin wurde das Stadion nach seinen Entwürfen gebaut. Wir stehen vor dem bis heute erhaltenen Tribünengebäude, das 800 überdachte Sitzplätze bietet. Heute ist es ein beliebter Treffpunkt für Studenten, an dem regelmäßig Veranstaltungen stattfinden.  Unter der Tribüne befindet sich eine Sporthalle mit spitzbogig zulaufenden Stichbögen, die dem Raum einen fast sakralen Charakter verleihen. Leider war die Turnhalle geschlossen, denn wir hätten gerne einen Blick hineingeworfen. 

Fazit

Der Tag neigt sich dem Ende zu und wir sind erschöpft, aber zufrieden, denn wir haben es geschafft alle Karlsruher Bauhaus-Gebäude an einem Tag zu entdecken. Uns ist klar, dass Karlsruhe noch weitere Bauten im Stil des „Modernen Bauens“ zu bieten hat, doch diese Entdeckungsreise heben wir uns für ein anderes Mal auf :)