Platz der Grundrechte

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Marieke

Zwischen Schlossplatz und Marktplatz befindet sich ein kleiner Schilderwald, der mir direkt aufgefallen ist, als ich zum ersten Mal in Karlsruhe unterwegs war. Dieser Platz trägt den Namen Platz der Grundrechte.

Mehrmals bin ich an den roten Schildern stehen geblieben, um mir das eine oder andere durchzulesen. Doch was genau hat es damit auf sich? Dieser Frage bin ich nachgegangen und die Antwort könnt Ihr hier nachlesen!

Die Idee hinter den Schildern

Ich gebe es zu, die Schilder sind gar nicht so leicht zu lesen. Zum einem, weil man nach oben schauen muss und zum anderen, weil keine Satzzeichen vorhanden sind. Doch genau deswegen nimmt man sich beim Lesen Zeit und meiner Meinung nach, denkt man direkt etwas genauer darüber nach.

Der Platz der Grundrechte ist eine Kunstinstallation von Jochen Gerz und wurde im Oktober 2005 offiziell eingeweiht. Für sein Kunstwerk hat Herr Gerz mit 24 Vertretern der großen Gerichte, wie zum Beispiel dem Bundesverfassungsgericht und der Bundesstaatsanwaltschaft gesprochen und sie danach gefragt, was für sie Recht/Gerechtigkeit heute ist. Zudem ist er zu 24 Bürgern gegangen, die mit dem Gesetz in Konflikt geraten waren und über die Recht gesprochen worden ist. Auch ihnen wurde die gleiche Frage gestellt.

Die Antworten brachte Gerz auf 24 Schildern an, wobei man auf einer Seite immer die Aussage eines Juristen lesen kann und auf der anderen Seite die Antwort eines Bürgers. Beim Lesen der Schilder wird schnell klar, wie nah beieinander Recht und Unrecht liegen und dass die Beurteilung was gerecht ist und was nicht, stark von der jeweiligen Person abhängt. Laut einem früheren Interview mit Jochen Gerz, war für ihn genau dieser Dialog, den die Schilder darstellen, den es aber nie wirklich gegeben hatte, das Interessante an seinem Werk.

Ein Plausch über den Platz

Während ich von Schild zu Schild gehe, um mir die Zitate durchzulesen, fällt mir eine Dame auf, die interessiert die Schilder liest. Ich komme mit ihr ins Gespräch und erfahre, dass sie hier aus Durlach stammt und sie dementsprechend den Platz von Anfang an kennt.  Die Chance die Meinung einer echten Karlsruherin über den Platz zu hören, lasse ich mir nicht entgehen und so frage ich sie ganz direkt, was sie darüber denkt.

Sie gibt offen zu, dass sie die Wahl des Ortes zunächst unpassend fand und sie eher daran gedacht hätte, eine Achse zwischen Ständehaus und beispielsweise Bundesgerichtshof zu ziehen. Doch heute gehört der Platz für sie fest ins Stadtbild. Die Kunstinstallation ist für sie etwas Besonderes und sie findet es toll, dass sie für alle frei zugänglich ist. Gerade abends, wenn der Platz dank Lampen im Boden beleuchtet wird, sei er ein wunderschöner Anblick. Für sie zeigt das Projekt, dass Karlsruhe auch abgesehen von Karl Drais die Welt bewegen kann, da das Thema so wichtig ist.

Ich erfahre von ihr, dass die einzelnen Schilder auch in der Stadt verteilt an dezentralen Orten stehen. Diese einzelnen Stellen wurden von den Bürgern der Stadt selbst bestimmt. Allerdings ist die Dame der Meinung, dass die dezentralen Plätze im Stadtbild nicht richtig wahrgenommen werden. Ich bedanke mich für das interessante Gespräch und beschließe mir einige der dezentralen Stellen anzusehen.

Ein Kunstwerk, das die ganze Stadt umfasst

Es dauert nicht lang bis ich im Internet die Beschreibung der 24 dezentralen Stellen finde (genauere Infos könnt Ihr hier nachlesen)

Die Nächste von mir ist am Bundesverfassungsgericht, daher wird sie meine erste Anlaufstelle. Das rote Schild springt mir direkt ins Auge. Als sogenannter „Hüter der Verfassung“ finde ich das Gericht einen passenden Standort, zudem war der Platz der Grundrechte ein Geschenk der Stadt an das Gericht.

Danach laufe ich zu einem weiteren Schild, das sich an der Ecke Hans-Thoma-Straße und Moltkestraße befindet. Ohne Hintergrundwissen fragen sich sicherlich viele, warum ausgerechnet dieser Platz gewählt wurde. Doch nachdem ich gelesen habe, warum die Wahl auf diesen Punkt fiel, kann ich die Entscheidung nachvollziehen. An dieser Stelle wurden im April 1977 Generalbundesanwalt Siegfried Buback und seine zwei Begleiter Wolfgang Göbel und Georg Wurster von RAF-Mitgliedern ermordet.

Ich laufe noch zu zwei weiteren Schildern. Eines davon befindet sich direkt am Neuen Ständehaus. Das ursprüngliche Ständehaus war das erste Parlamentsgebäude in Deutschland.

Das nächste Schild steht in der Kronenstraße. Hier stand früher eine Synagoge, die in der Zeit des Nationalsozialismus zerstört wurde. An diesem Ort widmet sich das Schild also nicht nur dem Thema Recht und Unrecht, sondern erinnert an die Verfolgung der Juden im Dritten Reich. Definitiv ein Ort, der zum Nachdenken anregt.

Fazit

Im Stadtgebiet finden sich noch 20 weitere Stellen, beispielsweise am Kronenplatz oder am Badischen Staatstheater. Bei der nächsten Gelegenheit werde ich mir gern die anderen Schilder ansehen. Doch muss ich der Dame, die ich am Platz der Grundrechte getroffen habe, zustimmen. Auch ich hatte den Eindruck, dass die Schilder mitten im Stadtgebiet nicht richtig wahrgenommen werden. Am Platz der Grundrechte dagegen fielen mir einige Leute auf, die stehen geblieben waren, um sich die Schilder anzusehen. Dennoch finde ich die Idee mit den dezentralen Stellen gut und die verschiedenen Plätze finde ich sehr passend gewählt, da sie alle auf ihre ganz eigene Art mit dem Thema Recht/Gerechtigkeit verbunden sind und verschiedene Denkanstöße liefern.