Maja Bekan
ab €3.00 / pro Person
P for Performance: All about us
Veranstaltungsdetails
Der Badische Kunstverein freut sich, mit P for Performance: All about us eine erste umfassende Einzelausstellung der Künstlerin Maja Bekan in Deutschland zu zeigen. Die Ausstellung eröffnet ein weiteres Kapitel im Diskurs über verschiedene performative Praktiken im Kunstverein und umfasst alle bislang enstandenen Arbeiten Bekans, die sie seit 2011 als fortlaufende Serie konzipiert und mit P for Performance überschreibt. Die Künstlerin entwickelt zudem ein neues performatives Projekt, das Wissenschaftlerinnen* einer nuklearen Forschungseinrichtung in Karlsruhe einlädt und mit Künstler:innen in Verbindung setzt.
Maja Bekan arbeitet mit der Gemeinschaft als künstlerisches Format und mit der Kollektivität als Potenzial für soziale Veränderung. Ihr partizipativer Ansatz führt zu langfristigen Projekten mit gesellschaftlichen Gruppen, deren Formen des Zusammenseins sie unter dem Begriff der „kollektiven Intimität“ befragt. Diese Intimität kann politische Prozesse transformieren und den Gegensatz von privat und öffentlich kritisch hinterfragen. Ihre Protagonist:innen findet die Künstlerin zumeist am Ort ihrer Ausstellung; in diesem Sinne sind ihre Arbeiten durch den lokalen Kontext geprägt, wandern aber von dem Ort ihrer Enstehung weiter.
Die Teilnehmer:innen von Maja Bekans Projekten sind oftmals Frauen*, die sich in prekären Situationen behaupten müssen. Selbstorganisation und Selbstermächtigung sind zentrale Begriffe ihrer Praxis, ebenso wie Fürsorge und Solidarität. Das besonderes Moment in Bekans kollektiver Arbeit ist, dass sie die Performance (oder den Tanz) als rhythmische Form wählt, um die Teilnehmer:innen miteinander zu verbinden. Deren Erlebnisse werden anschließend in öffentlichen Auftritten, Bühnensets, Video-, Audio-, oder Textinstallationen mit dem Publikum geteilt.
Die Künstlerin re-inszeniert ihre Projekte aus P for Performance auf zwei Ausstellungsebenen des Kunstvereins. Die Arbeit Troublemakers (Hold it Together (We Have Each Other)) (2020/2021) entstand während der Corona-Pandemie und setzte verschiedene Frauen* in New York in Beziehung zueinander, um online über Fragen von Kontakt und kollektiver Intimität trotz physischer Distanz sowie über soziale Strukturen und Freundschaften in Krisenzeiten zu diskutieren. In einer späteren Live-Performance schlüpften die Teilnehmer:innen in die Rollen von so genannten „Unruhestifter:innen“: Frauen*, die durch ihre außergewöhnlichen Handlungen und Lebensweisen von der Gesellschaft ausgegrenzt und als „hard to love“ (schwer zu lieben) bezeichnet werden könnten. Für ihr aktuellstes Projekt Throw Like a Girl (2022) castete die Künstlerin Frauen* aus dem Militär, die Seite an Seite mit Künstler:innen über ihre Rollen reflektierten und erkannten, wie sich gerade in Zeiten des Konflikts neue Räume für Emanzipation öffnen. Zu den früheren Projekten, die Bekan im Kunstverein neu inszeniert, gehören At some point we all have to dance (2018) und A series of unexpected incidents (2016).
Darüber hinaus entsteht im Kontext der Ausstellung eine neue Performance- und Filmproduktion, für die Maja Bekan Wissenschaftlerinnen* vom Europäischen Ausbildungszentrum für nukleare Sicherheit am Joint Research Centre in Karlsruhe sowie Künstler:innen einlädt, um ihre verschiedenen Berufe und Lebensentwürfe miteinander in Kontakt zu bringen. Das Joint Research Centre steht unter der Leitung der Europäischen Kommission und ist ein Ort mit hoher politischer Strahlkraft, zugleich wissen nur wenige Bürger:innen von der Heißzellenforschung in unmittelbarer Statdnähe.
Die Mixed-Media-Installation What if we started making less and reusing more? (seit 2007) ist als fortlaufendes Archiv eine Art Appendix zu Maja Bekans Gemeinschaftsprojekten. Anhand von Produktionstafeln kommuniziert die Künstlerin einige der für sie inspirierenden Texte und Produktionsnotizen, die ihre Praxis sowohl auf konzeptioneller als auch auf rationaler Ebene beeinflussen. Diese Reflektionen enstammen jahrelangen Skype- und E-Mail-Gesprächen mit der Künstlerin Gunndís Ýr Finnbogadóttir und verstehen sich als eine zeitgenössische Version des Künstler:innenbriefwechsels. Neben wichtigen Referenzen und Diskursen scheinen auch Momente der Aufregung, des Zweifels und des Zauderns als wichtige Teile eines kreativen Prozesses auf, ebenso wie Witz und Selbstironie als notwendige Vehikel, um sich die Leichtigkeit und Begeisterung für die eigene Tätigkeit zu bewahren. Das Archiv wird auf einer eigenen Ausstellungsebene neu gestaltet und lädt die Besucher:innen ein, Darsteller:innen der Arbeit zu werden, Gespräche zu führen, zu reflektieren und spielerisch zu interagieren.