Geschichte und Architektur des Hallenbaus in Karlsruhe
Von der Munitionsfabrik zum künstlerischen Knotenpunkt in nicht einmal 25 Jahren: Der Karlsruher Hallenbau blickt auf eine lange und ereignisreiche Geschichte zurück.
Gründung und Entwicklung der Munitionsfabrik
Alles beginnt 1872, als die Patronenhülsenfabrik Henri Ehrmann & Cie. in Karlsruhe gegründet wird. Nach einigen Inhaber- und Namenswechseln sowie der Genehmigung zur Herstellung scharfer Munition wird der Sitz der Firma 1896 nach Berlin verlegt, in Karlsruhe bleibt eine Zweigniederlassung des mittlerweile Deutsche Waffen- und Munitionsfabrik (DWM) genannten Unternehmens.
In den folgenden Jahren wird das Angebot – auch durch Übernahmen – stetig erweitert, sodass 1914 so gut wie alle benötigten Produkte in Bezug auf die Kriegsführung im Sortiment sind. Durch den Beginn des Ersten Weltkriegs steigt der Bedarf rapide, ein Liefervertrag mit dem Deutschen Reich für den Kriegsfall gibt Anlass, eine Erweiterung des Werks in Karlsruhe voranzutreiben. Der Architekt Philipp Jakob Manz wird noch 1914 beauftragt und umgehend mit dem Bau von zehn Lichthöfen, dem Hallenbau A, begonnen.
Architektur des Hallenbaus
Der auf einem Stahlbetonskelett basierende Bau umfasst zwei Langbauten sowie elf verbindende Querspangen, die die Lichthöfe einschließen. Die Nutzfläche beträgt im Erdgeschoss 16.500qm. Die Außenpfeiler sowie sechs Risalite, in die die Treppenhäuser ausgelagert werden, rhythmisieren das Gebäude, große Fenster sorgen für viel Licht.
Modernes Industriedesign ist im Hallenbau mit Pragmatismus vereint: Schienentrassen für die Werksbahn ermöglichen Lieferungen direkt vor Ort, im Doppelkammgrundriss sind in den Längsbauten die Verwaltungs- und Lieferungsabläufe zu betreiben, während in den Quergebäuden die eigentliche Produktion vorgenommen wird. Der Großteil der Arbeiter*innen des Betriebs sind dabei Frauen.
Von der Munitionsfabrik zum Zentrum der Kunst
1922 wird die Firma kurzzeitig in Berlin-Karlsruher Industrie-Werke AG (BERKA) umbenannt, um dem Versailler Vertrag zu entsprechen. Nach einem Führungswechsel wird diese Umbenennung 1936 allerdings wieder rückgängig gemacht. Während des Zweiten Weltkriegs sind viele Zwangsarbeiter*innen im Hallenbau bei der Herstellung von Munition eingesetzt, die unter widrigsten Bedingungen arbeiten müssen. Mit rund 30.000 Arbeiter*innen hat die Fabrik beinahe die Größe einer eigenen Stadt.
Nach Kriegsende sowie weiteren Führungswechseln und Umbenennungen wird die Industrie zunehmend aus der Stadt in die Randgebiete verlagert. Der Hallenbau wird verlassen und liegt brach, bis 1981 das Kammertheater den Hallenbau erstmals, für die Karlsruher Kultur nutzbar macht. Werden zunächst noch Genehmigungen hierfür eingeholt, finden bald auch ungenehmigte kulturpolitische Aktionen auf dem Areal statt, das sich zunehmend belebt.
Gründung des ZKM | Zentrum für Kunst und Medien
1989 wird das ZKM | Zentrum für Kunst und Medien in Karlsruhe gegründet, das als Zentrum des „elektronischen Bauhauses“ unter Heinrich Klotz als Direktor eigentlich in einen Neubau einziehen soll. Rem Koolhaas gewinnt den Architekturwettbewerb, sein Bau kann aber aus Kostengründen nicht realisiert werden. Die Wahl fällt stattdessen auf den Hallenbau A. 1993 beginnen Umbauten, die jedoch die ursprüngliche Struktur des Gebäudes weitgehend unberührt lassen. Das Architekturbüro Schweger + Partner aus Hamburg fügt Brücken und Stege als Durchgänge hinzu, ergänzt das heutige Medientheater sowie einen Kubus vor dem Haus. 1997 wird das ZKM offiziell eröffnet und befindet sich mit der ebenfalls eingezogenen Städtischen Galerie und der Hochschule für Gestaltung unter einem geschichtsträchtigen, aber doch modernen und innovativen gemeinsamen Dach.